Donnerstag, 30. April 2015

Kraftmangel

Ich habe heute für mich festgestellt, dass mich die Vermarktung meines Buches an meine Reserven bringt. Ich meine, ich bin berufstätig, habe zwei Kinder, einen Mann und einen Haushalt, ich engagiere mich ehrenamtlich und nutze die verbleibende Zeit – und wahrlich es ist nicht mehr viel und verlagert sich in die Nachtstunden – zum Schreiben. Auch wenn das jetzt vielleicht als bloße Ausreden angesehen wird, das Schreiben entschädigt für all die Mühen. Das Schreiben ist das Eintauchen in fremde Welten, unbekanntes Terrain, unerforschtes Leben.
Aber meine Kräfte in Bezug auf die Vermarktung meines Buches dann ein weiteres Mal zu mobilisieren und vor allem zu aktivieren, ist schier unmöglich. Ich pack das nicht. Es ist eine Materie und nicht ohne Grund nicht nur ein Ausbildungsberuf, der mir so manches mal völlig fremd erscheint. Ich habe mich im Laufe der Jahre in einige neue Materien einarbeiten müssen, das war auch absolut in Ordnung. Aber inzwischen fehlt mir tatsächlich die Kraft dazu, es ein weiteres Mal in Angriff zu nehmen. Ich bewundere alle Selfies, die das quasi „nebenbei“ noch hinkriegen.
Seit dem letzten Jahr Juli bin ich dabei. Seit diesem Zeitpunkt ist mein Buch im Handel. Es hängt so viel Herzblut daran, aber ich bringe es nicht übers Herz, wie ein Marktschreier durch die sozialen Netzwerke zu ziehen und dieses Buch anzupreisen. Pack ich nicht, schaff ich nicht.All diese Posts und Tipps, Kommentare und Artikel in Blogs und den social Networks beginnen mich zu überfordern. Mach dies, mach jenes, sei interessant und mach die Leser auf dich neugierig. Ja fein, aber wie soll der Leser mich finden? Strategie hin oder her, mir macht das Kopfweh.
Vielleicht ist es auch ein wenig egoistisch, aber meine Zeit ist mir auch dafür zu schade. Jetzt hör ich natürlich all die Selfpublisher schreien. DU musst mindestens eine Stunde am Tag in die Werbung und Vermarktung investieren. Ja, gerne, aber vorher soll ich sie nehmen? Der Tag hat eben nur 24 Stunden und etwas schlafen muss ich auch, damit ich in meinem „Brotjob“ halbwegs fit bin, denn der verlangt auch einiges von mir ab.
Ich schreibe für mein Leben gerne, packe die Anekdoten aus dem Leben in Geschichten, Krimis oder auch Thriller. Und das will ich auch weiter tun.
Meine Hoffnung hängt jetzt am saarländischen Prinzip. Was das ist? Ganz einfach: Du kennst einen, der einen kennt, der einen kennt und der weiß, wer weiter helfen kann oder es selber in die Hand nimmt. Und vielleicht findet sich ja irgendwann mal ein Verlag, der sagt: "He, ich nehm dich an die Hand, ich glaube an deine Phantasie und deine Kraft und gemeinsam werden wir das schaffen."
Bekanntlich stirbt die Hoffnung zuletzt, aber ich werde jetzt weiter an meinem Krimi schreiben. Kommissar Krawalski wartet nämlich auf seinen Einsatz. Doch zuvor wird es noch ein wenig, naja sagen wir mal, eklig.
Dass nach diesem Krimi die nächsten zwei schon in den Startlöchern stehen, verrate ich nur am Rande. Es gibt viel zu tun, dipidei jei jippi jippi jee. :-)
Ich hau in die Tasten und ihr könnt gespannt auf das Ergebnis warten. 

Bis dahin. 
B.

Mittwoch, 18. März 2015

Werden wir denn nicht schlauer?


Ich bin grad ein wenig ratlos, schüttle noch immer den Kopf.
Soeben habe ich die Schlagzeilen der Nachrichten meines Providers überflogen und mir wird übel, denn dreht sich alles nur noch um Gewalt, Hass, Zerstörung, Tod und Nebensächlich- und Nichtigkeiten.
Kleine Auswahl gefällig:

Deutscher stirbt bei Anschlag
Brutaler Chaos-Tag in Frankfurt
Überfall auf KaDeWe
Schießerei in Kopenhagen
Snowden wird nicht zurückkehren
Botox und Aufspritz-Lippen: Die Kardashian-Sippe im Wandel der Zeit
Politiker fahren Dreckschleudern
Blockupy zündet Autos an
16-jährige getötet und verbrannt
Masern-Miesere: Wer ist schuld?
Fernsehen für Anfänger
Ekliges für die Schönheit
Achterbahn verliert plötzlich Rad

Mir ist tatsächlich völlig egal, wie Eminems Tochter aussieht, dass Tim Wiese ab sofort noch mehr Muskeln hat und auch, dass sich Herzogin Kate wohl beim Geburtstermin verplappert hat.

Auch folgende Schlagzeilen gab es heute:
Herzfehler bei Gina-Lisa Lohfink – Äh, bei wem?
Models schnupfte Koks – ist doch ein alter Hut!
Hunde als Torwart – Ja, wahnsinnig spannend und unterhaltsam.

Aber bei all dem Elend, den hausgemachten Problemen, dem nie enden werdenden Terror, dem Hass, der Wut, der Gier, Unsicherheit und Sensationslust:
Es gibt sie noch, die Wunder des Lebens. Man muss sie suchen, aber irgendwo in einer kleinen Überschrift verbirgt sich das Unfassbare, das Elementare:
„Totgeglaubtes Baby kommt lebendig zur Welt“ Selbst Ärzte sprechen von einem Wunder.
Leider musste ich nach dieser einzigen, wirklich wichtigen Nachricht lange suchen.
Schade. Denn dabei bräuchten wir viel mehr von diesen Schlagzeilen.
Schlagzeilen, die das Leben erfahren lassen und uns bewusst machen, worum es im Leben geht. Gewalt, Hass und Zerstörung kann es sicher nicht sein. Oder doch?
Das werde ich ja dann auf dem Blick der Schlagzeilen morgen früh wissen.

Werden wir denn nicht schlauer? Wir, die intelligentesten Geschöpfe auf dieser kleinen Erde? Unserer kleinen Erde!

Mittwoch, 7. Januar 2015

Er ist weg


Wer ist weg? Wer hat sich da so leise, still und heimlich aus dem Staub gemacht? War er wichtig? Brauche ich ihn noch oder kann ich locker darauf verzichten? Oder ist er einfach weggeschickt worden? Und wenn ja, von wem? Und verdammt, wo ist er jetzt? Kann ich ihn nicht wieder haben? Ich hatte ihn gern. Er erhellte mir meinen Tag, zauberte mir ein Lächeln ins Gesicht. Ein wohliges Gefühl machte sich in der Magengrube breit. Ja, das ist es. Ich brauche ihn. Jetzt weiß ich es. Jetzt, wo er weg ist.


Wer ist weg?
Noch mal die selbe Frage. Eine simple Antwort:
Der Anstand!
Der Mut!
Der Respekt!

Der Anstand, uns auf unsere eigenen Werte zu besinnen und auch so zu handeln.
Der Anstand, niemand abzuweisen, egal welches Anliegen er hat.
Der Anstand, uns auch mal weniger wichtig zu nehmen und mal innezuhalten. 

Der Mut, neue Wege zu gehen.
Der Mut, unbequeme Wahrheiten auszusprechen.
Der Mut, diese Wahrheiten anzunehmen und zu versuchen, diese zu verstehen.
Der Mut,  Dinge zu akzeptieren, wie sie sind.

Der Respekt, der erst ein zufriedenes Miteinander ermöglicht.
Der Respekt, der uns freier und offener leben und lieben läßt.
Der Respekt, andere Menschen, egal wo sie herkommen, woran sie glauben und wie sie leben, anzunehmen.

Wir sind alle verschieden. Ganz einfach! Respekt ermöglicht erst, dass wir miteinander auskommen.
Es sind Menschen, wie wir es auch sind. Es gibt keine besseren Menschen oder schlechtere. Es gibt Menschen, die glauben besser zu sein. Doch warum sollte ein Menschenleben mehr wert sein als ein anderes? Und wer bestimmt das denn? Die Menschen mit dem großen Geldbeutel oder die mit der "weißen Hautfarbe" oder die in den richtig wichtigen Positionen, die uns erklären wollen, wie Gesellschaft und das Miteinander funktionieren kann und soll oder muss?
Wie paradox ist das denn und was mich quält ist die Frage: Wo kommen wir hin, wenn wir es nicht schaffen, Menschen in Not Hilfe anzubieten? Wie wäre es denn umgekehrt? Wenn wir in Not wären, wer hilft uns dann?
Es hakt in den Köpfen, es hakt in der Gesellschaft. Leider.



Oder war es doch noch der Tannenbaum, der heute aus dem Wohnzimmer geflogen ist und seitdem halb nackt, verlassen und allein auf der dunklen, kalten Terrasse steht?

Wer weiß.

Montag, 15. Dezember 2014

Frisch eingetroffen

Frisch aus der Druckerei eingetroffen (endlich), also wer noch ein Geschenk für gefühlvolle Menschen sucht: Bitte sehr, da ist es!
Bestellbar per PN oder die offizielle Homepage www.babett-weyand.de
Freu mich auf euch.
Liebe Grüße

Samstag, 13. Dezember 2014

Aufrecht gehen oder Der etwas andere Jahresrückblick

Der Dezember hat es bisher nur bis zur Hälfte geschafft und doch schließe ich mich der Tradition unserer Fernsehsender an und lasse mein Jahr mal Revue passieren.
Es war positiv, aber nicht nur.
Ich habe mir 3 Lebensträume erfüllen können, eigentlich zu viele für nur ein Jahr. Aber es hat sich so ergeben und manchmal muss man die Gelegenheiten einfach ergreifen, sie bieten sich einem nahezu an und man muss nur noch zuschlagen.
Zu meinem Geburtstag im Sommer habe ich mir mein schönstes Geschenk gemacht und mein erstes Buch veröffentlicht. Einfach so.
Naja, nein, es waren knapp anderthalb Jahre Arbeit, bis es soweit war. Aber es hat sich gelohnt, ich bin stolz auf mich und ich muss sagen, dass es ein wahnsinnig gutes Gefühl ist. Ich habe etwas erschaffen und das macht Lust auf mehr. Und so ist es natürlich kein Wunder, dass ich an meinen nächsten Romanen sitze.
Es gab aber leider auch Veränderungen, Enttäuschungen und negative Erfahrungen, die ich nicht hätte machen wollen. Ich wurde genötigt, beleidigt und für hanebüchene Intrigen missbraucht.
"Leute, ich bin nicht dumm, ich durchschaue euer Spiel und ich weiß, was da läuft. Aber verlasst euch darauf, ich habe einen Plan und den werde ich umsetzen." Was mir nicht nur Genugtuung verschaffen wird, sondern auch die Möglichkeit, eingefahrene Situationen zu verändern und ganz ehrlich, darauf freue ich mich wieder.  (Ich glaube zwar nicht wirklich, das eine/r der Betroffenen dies liest, aber dieser Aufruf musste sein. ;-)
Aber es ist ernst. Diese negativen Einflüsse kamen und kommen aus Richtungen, aus denen ich es nie vermutet hätte. Uns Frauen wird doch Einfühlungsvermögen sowie Mitgefühl nachgesagt, wir können mit unseren zwei Gehirnhälften denken und doch legen manche ein so primitives Verhalten an den Tag, dass es verwundert und stutzig macht.
Wir verleugnen und manipulieren uns selbst, belügen uns nach Strich und Faden. Ja, das können wir gut. Und in unserem tagtäglichen Miteinander sind wir keinen Deut besser.
Sorry, Ladys, aber ich versteh das nicht. Ihr regt euch über die Herrenwitze und Zotten alter Herren auf, aber könnt selbst am besten austeilen. Warum dann also die Aufregung? Was sind oder sollten wir denn dann besser sein?
Und wenn ich an so manches Gespräch über die männliche Spezies denke, wäre ein Aufschrei der Männerwelt angebracht. Also überdenkt mal eure Verhaltensweisen und vor allem euer Gespräch, das schon echt peinlich werden kann. 
Dann orientiere ich mich lieber an Malala oder all den anderen Heldinnen unserer Zeit, die uneigennützig ihr eigenes Leben in Gefahr bringen, um zu helfen und die Welt zum Besseren zu verändern. 

Und weil mein Jahr so gut für mich gelaufen ist und ich mir etliche Wünsche und Träume erfüllen konnte, habe ich für das kommende Jahr eigentlich nur einen Wunsch: Friede.
So banal und lapidar sich das anhört, aber ich bin der Meinung, dass uns der Friede verloren geht und wir nahe dran sind, es noch nicht einmal zu bemerken. Wir hetzen durch unsere Tage, wir sprechen unüberlegte Worte aus, die verletztend und auch mal beleidigend sind und wir machen uns nicht die geringsten Gedanken mehr darüber, wie wir uns verhalten. Das ist traurig und beschämend zugleich. Wir bezeichnen uns selbst als höhere Rasse, was auch immer damit gemeint ist, aber wir verhalten uns teilweise schlimmer und abartiger als so manches Tier es tun würde. Aber wir haben den Willen und das Bewußtsein, und doch handeln wir dem entgegen.
Wir leben also in einer Welt, in einer Gesellschaft, die wir uns selbst erschaffen, kalt, gewissenlos, unbarmherzig. Ab und an hören wir das Schlagen unseres Herzens und die verzweifelten Schreie unseres Gewissens, aber schnell, sehr schnell wenden wir uns ab und begeben uns zurück in den Trott. Nur bleibt die Frage: Wollen wir tatsächlich so leben? Wollen wir uns gegenseitig auf die Nerven gehen, unseren Nachbarn drangsalieren, die Kollegen mobben, die Verkäufer beleidigen, die eigenen Ansprüche auf jeden Fall und um jeden Preis durchsetzend. Wollen wir das wirklich? Rücksichtslosigkeit hat sich zu einem Phänomen gemausert, welches mir widerstrebt und ja, auch Angst macht.
Ich habe heute durch Zufall ein Video gesehen, in dem eine Frau ein Kind geschlagen hat. Es hat mich sprachlos und entsetzt zurückgelassen. Aber nicht die Tatsache, diese Tat mitansehen zu müssen, sondern der Gedanke, dass dieses menschenverachtende Verhalten stündlich, minütlich tausendfach auf unserer Welt, in unserer Gesellschaft vorkommt und wir nichts weiter zu tun haben, als um uns selbst zu kümmern. Was gehen uns schließlich auch die Probleme anderer an? Auch wenn es sich um die anderen um hilfsbedürftige, wehrlose Kinder handelt?
Natürlich ist es anstrengend und aufreibend, sich schützend davor zu stellen und STOPP zu rufen. Aber Bequemlichkeit und die eigene Faulheit helfen diesen Kindern, der tatsächlichen Zukunft unserer Gesellschaft, nicht weiter. Im Gegenteil. Wir enttäuschen sie und damit uns selbst. Und wer ein Gewissen hat, wird bei diesem Gedanken, unruhig werden. Müssen wir uns dann eigentlich noch wundern, wenn die Kinder unsere Verhaltensweisen an den Tag legen? Von wem sehen sie es denn? Von wem lernen sie?
Und doch muss uns auch bewusst werden, dass Ungerechtigkeiten, und seien so noch so (vermeintlich) gering, verletzen und Narben hinterlassen. Die Verkäuferin, die von Kunden angeschnauzt und beleidigt wird, die Kunden, die Handwerker schikanieren, Kollegen, die sich eine Freude machen, andere zu erniedrigen. Alle diese Menschen hinterlassen Narben in den Seelen, dem Bewusstsein ihrer Opfer. Ja, Opfer! Und wen wundert es dann noch, dass diese "Opfer" sich wehren und ihre Freude ablegen. Der Frust steigert sich und wird weitergegeben.
Also laßt uns doch bitte einfach viel bewusster mit uns und unseren Mitmenschen umgehen. Wir sind doch zivilisierte Menschen, oder nicht? Und ein Lächeln tut nicht weh. Ich weiß es.
Mehr wünsche ich mir gar nicht.
Nur ein bißchen mehr Friede und Liebe unter uns Menschen, damit jeder wieder stolz sein kann, ein Mensch zu sein.
Ist das zu viel verlangt?

"Zum Homosapiens gehört mehr als aufrecht gehen..." Wie recht er doch hat. Uns macht doch mehr aus, oder etwa nicht?


Und morgen setze ich mich auf meine neue Schwalbe, drehe eine kleine Runde, schau auf meinem Weinberg vorbei und nehme die neue Lieferung von Büchern aus der Druckerei in Empfang, kuschle ich mit meinen Kindern und freue mich, dass ich am Leben bin!

Ich wünsche euch allen, ein gesegnetes Weihnachtsfest, genießt diese besinnlichen Tage, setzt euch selber nicht einem unnötigen Streß aus, nehmt die Hektik aus euren Tagen und genießt die Zeit mit euren Freunden und der Familie.
In Kürze bricht ein neues Jahr an, neue, ungeahnte Möglichkeiten eröffnen sich und wir werden neue Erfahrungen sammeln. Seien wir offen und vor allem ehrlich zu uns selbst und dann rocken wir das!

Alles Liebe!


Zitat aus "Aufrecht gehen"von Farin Urlaub

Samstag, 8. November 2014

Eine Idee von Freiheit

Meine Gedanken zum 25. Jubiläum des Mauerfalls:
Also, was wäre passiert, wenn die Mauer vor 25 Jahren nicht gefallen wäre?
Im Jahr des Mauerfalls, also 1989 war ich 13 Jahre alt. Ich besuchte die 7. Klasse der Herrmann-Matern-POS und war natürlich auch Thälmann-Pionier. Für alle, die das nicht kennen, das waren die Kinder, mit den roten Halstüchern.
Apropos, ich weiß noch, wie ich nachmittags noch einmal in die Schule zu einer Versammlung musste. Natürlich mit Halstuch und weil dies so zerknittert war, wollte ich es noch schnell aufbügeln. Hatte ich es doch schon so oft bei meiner Mutter gesehen. Aber sie war nicht da, also musste ich selber ran. Dieses Tuch bestand aus Kunstfaser, ich glaube es war Dederon, oder so. Na jedenfalls blieb das Bügeleisen direkt am Stoff kleben und in meinem roten Halstuch klaffte ein riesiges Loch. Was tun? Panik machte sich breit. Das Ersatztuch war ebenfalls zerknittert und die Zeit drängte. Ich musste schließlich pünktlich sein. Ich rollte also das Tuch so weit zusammen, dass nur noch eine kleine Spitze unter dem Hemdkragen herausblitzte und ging so zur Versammlung. Abends gab es natürlich Ärger, denn nicht nur das Tuch war im Eimer, das Bügeleisen war es auch.
Aber zurück zur Geschichte.
Ich war also 13 Jahre alt und wusste, dass ich im nächsten Sommer endlich zu den FDJ´lern gehören würde. Eine Jugendweihe stand an, normalerweise mit 14. Also ich freute mich darauf, denn das war das Fest für uns Kinder. Es würde Geschenke geben und die ganze Familie käme wieder zusammen. Man kann das vergleichen mit Kommunionen bei den katholischen Familien heutzutage. Der Sinn der Jugendweihe bestand darin, dass die Kindern nun in den Kreis der Erwachsenen aufgenommen werden. Sie werden mit Rechten aber auch mit Pflichten belegt. Und so weiter und so fort. Ich bin ja nicht in diesen „Genuss“ gekommen, denn kaum dass die Mauer und das Regime gefallen waren, gab es auch keine Jugendweihen mehr. Das heißt dann wohl, dass ich nie in den „erlauchten Kreis der Erwachsenen“ aufgenommen worden bin. Hat ja auch was.
Diese Feierlichkeit ist also an mir vorbeigegangen, ebenso wie das blaue FDJ-Hemd.
Wäre die Mauer nicht eingerissen worden, ich hätte meine Jugendweihe erhalten und auch das Hemd. Ich wäre wohl weiter in den Gruppenrat gewählt worden. Das war damals so was wie der Klassensprecher es heute ist, wäre FDJ´ler geworden.
Aber wie wäre es weiter gegangen?
Ich hätte sicherlich die Schule mit der 10. Klasse abgeschlossen und danach einen Beruf erlernt, wahrscheinlich im Betrieb, in dem auch meine Eltern arbeiteten. Denn der Weinbau interessierte mich damals schon. Und wenn ich jetzt so darüber nachdenke, es stimmt wohl: die Kindheit prägt uns für unser gesamtes Leben. Ich habe mir dieses Jahr meinen Traum von einem eigenen Weinberg erfüllt.
Es steht einfach zweifelsfrei fest, dass all das, was ich mir bis jetzt erarbeitet und erschaffen habe, ich so nicht hätte, wenn es die Mauer noch gäbe. Ich hätte ein ganz anderes Leben gehabt bis hier hin. Ob es besser oder schlechter wäre, kann ich nicht beurteilen. Ich weiß nur, dass die Herzlichkeit und der Zusammenhalt die Jahre auf der Strecke geblieben ist. Denn diese Dinge waren etwas, was ich am „Heute“ vermisse und was es das „Damals“ besser gemacht hat. Die Menschen interessierten sich für einander, sie lachten, sie feierten, sie halfen sich.
Das Reisen hätte ich vermisst. Ich war ab 16, 17 ständig unterwegs. In Deutschland, Europa und ja, auch in der Welt habe ich mich umgeschaut. Diese Erfahrungen hätte ich schmerzlich vermisst, umso glücklicher bin ich jetzt, dass ich sie machen durfte.
Ja, ich bin dankbar, dass es damals Menschen gab, die für ihren Traum von Freiheit auf die Straße gegangen sind. Keiner weiß, was alles hätte passieren können. Gefängnisstrafen, Zuchthaus, Verlust des Arbeitsplatzes und der Familie, Bespitzelung und Diffamierung. Die Menschen nahmen all dies in Kauf, um für ihre Träume und auch für ihre Überzeugung einzutreten. Ich bewundere dies. Diese Menschen waren stark und haben etwas Unglaubliches geschafft. Die Wende. Ein politisches System ist zusammengebrochen, wurde niedergerissen, weil es nicht funktioniert hat, weil es die Menschen eingeschränkt und auch vernichtet hat. Der Staat hat versucht, seine Bewohner zu kontrollieren und zu beherrschen, aber geschafft hat er es nicht. Der Wille nach Freiheit war einfach stärker und hat sich durchgesetzt.
Vielleicht sehe ich das falsch, aber diese Dankbarkeit, die ich empfinde – und mit mir sicher Tausende andere auch – können nur Menschen nachempfinden, die wissen, was es heißt, aus diesen beengten Verhältnissen zu kommen, die eine Beschneidung der eigenen Freiheit hautnah miterlebt haben.
Doch eine Frage bleibt offen im Raum zurück: Gäbe es heute noch immer so viele Menschen, die für ihre Überzeugungen, ihre Träume und Wünsche auf die Straße gehen würden oder sind wir abgestumpft und leer geworden? Wo bleibt der Freiheitsgedanke, wenn wir noch immer ausspioniert und verraten werden und andere, unsichtbare Mächten mehr von uns wissen, als wir selbst? Und warum wehrt sich keiner mehr? Wiederholt sich vielleicht Geschichte?








Dienstag, 7. Oktober 2014

Tage wie dieser

Es gibt so Tage, die sollten einfach nicht existieren. Die haben eine Daseinsberechtigung erhalten, aber ich weiß nicht von wem. Von mir sicher nicht.
Diese Tage beginnen mit Pannen und Streß und enden mit Frustration und aufgestauter Wut. Man fragt sich unwillkürlich, was dieser Tag heute Sinnvolles hervorgebracht hat und warum verdammt noch mal ich ihn nicht einfach aus meinem Gedächtnis streichen soll. Die Enttäuschung setzt sich fest und verharrt. Einfach so. Und der Gedanke, diese Enttäuschung loszuwerden oder gar in etwas Positive umzuwandeln, verflüchtigt sich. Eine lähmende Ratlosigkeit breitet sich aus und wie ein verschüchtertes Hündchen sitzt man davor und starrte mit großen, weiten Augen hinein, heinein in dieses schwarze Loch. Schwirrende Fragezeichen durchkreuzen den Raum. Aber eine Antwort haben sie nicht dabei. Warum auch?
Es geht hier gar nicht um meine Tätigkeit als Autorin - das läuft. Ich bin verärgert, nein ratlos über die Arroganz und Ignoranz, die so manche Menschen an den Tag legen. Der Egoismus scheint keine Grenzen zu haben. Den eigenen Tellerrand entdeckt man gar nicht, der ist viel zu weit entfernt. Das allumfassende Ego beherrscht den Raum und wen das stört, der wird diffamiert und denuziert. Es wird gelogen und betrogen, verleudmet und intrigiert. Was soll das? Das ist die Frage, die ich mir immer wieder stelle. Warum das Ganze?
Warum kann ein normales Miteinander nicht funktionieren?
Letztens habe ich geschrieben, dass alles was wir brauchen Liebe ist. Das stimmt. Nur meinte ich nicht nur die Liebe zu sich selbst damit.